DIY-Rohrbiegemaschine mit innerem Dorn

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Selbstgebaute Dornbiegemaschine von Thomas Viebach

Handgriffrohr mit innenliegendem Dorn

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Biegesegment, Dornspitze, Klemmblock

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Kleine Theorie des Rohrbiegens

Eine kleine Abhandlung zum Biegen von dünnwandigen Rohren für Fahrradrahmen


Theorie

Für das Biegen von gleichmäßigen Bögen an Metallrohren gilt folgende theoretische Betrachtung:

1. Bei jedem Biegevorgang gibt es eine „neutrale Zone“, in der sich das Material zwar biegt, aber nicht seine Länge verändert. Bei einem Rohrbogen erwartet man diesen Bereich in der Mitte des Biegeradius.

2. Im Kurveninneren muss sich das Material aufstauchen, da die Bogenlänge hier kürzer ist.

3. Außerhalb des neutralen Bereichs muss sich das Material strecken, da die Weglänge in der Außenkurve entsprechend länger ist.

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Dieses Verhalten kann man mit einem Gummischlauch, auf den man mit Filzstift Markierungen in gleichmäßigen Abständen aufmalt sehr schön demonstrieren.

Soweit die einfache Theorie, aber nun zur Praxis. Was passiert beim Biegen eines Metallrohrs?

Praxis

1. Versuch: Freies Biegen

Wenn man versucht ein dünnwandiges Rohr, wie es bei Fahrradrahmen die Regel ist, frei zu biegen passiert in der Regel folgendes:

1. Zunächst geht alles gut, das Rohr biegt sich unter Widerstand ein Stück weit ganz ordentlich,

2. Aber plötzlich gibt das Rohr den Widerstand auf und knickt unvermutet ein, noch lange bevor es den gewünschten Radius erreicht hat.

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Das Ergebnis sieht nicht nur unschön aus, es ist auch völlig unbrauchbar, da das Rohr am Knick seine Stabilität verloren hat.


2. Versuch: Biegen um definierten Radius

Da das Rohr nicht die gewünschte Form angenommen hat, kann man versuchen, es um einen definierten Radius (Zaunpfahl, Baumstamm, Autofelge, ausgesägte Holzschablone etc.) herumzubiegen. Das kann bei einem genügend großen Radius zu einem ganz guten Ergebnis führen. Wird aber ein enger Radius gewünscht, wird im besten Fall so etwas dabei herauskommen:


Biegemaschine von Thomas Viebach 018.jpg


Was sind nun die Ursachen für dieses widerspenstige Verhalten des Rohrs?

Anders als ein Gummischlauch setzt das Metall der notwendigen Dehnung in der Außenkurve und der Stauchung in der Innenkurve einen viel höheren Widerstand entgegen. Es treten im Material sehr große Spannungen auf, die Versuchen sich anders abzubauen als wir erwarten. Ein dünnwandiges Rohr kann man sich gut vorstellen, als ein eingerolltes Stück Blech. Man kann sich denken, dass es sehr hohe Kräfte braucht um ein Stück Blech in seiner Länge zu dehnen oder aufzustauchen. Es ist dagegen viel einfacher, dasselbe Stück Blech zu biegen, oder zu knicken. Das gleiche passiert nun beim unserem Biegeversuch. Das Material versucht durch spontanes Verbeulen und Knicken eine Form einzunehmen, die es erlaubt, ohne Dehnung und Stauchung, die unter Gewalt aufgezwungene Lage einzunehmen.


3. Versuch: Rohr in einer zum Durchmesser passenden Rille biegen

Im Baumarkt oder Werkzeughandel werden so genannte Segment Biegevorrichtungen angeboten. Diese sind zum Biegen von dünnen weichen Kupferrohren geeignet. Das Prinzip ist einfach. Das Rohr wird beim Biegevorgang passgenau in eine ringförmige Nut einer Aluminiumscheibe gezwängt. Damit kann bei weichem Material ein Einknicken verhindert werden.

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Leider funktioniert das bei härterem Metall nicht so perfekt. Auch sind diese Biegevorrichtungen meist nur für kleine Rohrdurchmesser verfügbar und bezahlbar. Für jeden Rohrdurchmesser und Biegeradius ist ein eigenes Biegesegment notwendig. Es ist auch möglich, sich passende Biegesegmente selbst herzustellen aus Hartholz, Kunststoff oder Metall. Dazu benötigt man aber eine Drehbank oder eine entsprechende Fräsmaschine. Für große Bögen reicht oft eine ausgesägte Spanplatte ohne Profil am Rand. Der Radius des Segments muss immer etwas enger ausgesägt werden, da das Rohr nach dem Biegen zurückfedert. Da sind evtl. einige Versuche nötig.


4. Versuch: Rohr erhitzen

Durch Erhitzen kann man das Metall weicher machen. Die Kräfte zum Verformen werden deutlich herabgesetzt. Bei Stahl muss man hierzu aber schon eine ziemlich hohe Temperatur erreichen. Merklich nachlassen wird die Festigkeit, wenn das Material zu glühen beginnt. Dazu benötigt man einen großen Propan Gasbrenner oder besser noch einen Sauerstoff/Acetylen Gasbrenner. Wiederholt man nun den vorigen Biegeversuch, wird man aber schnell feststellen, dass das Ergebnis nicht viel besser aussieht, als ohne Erhitzen. Der Grund hierfür ist, dass sich mit dem Erwärmen auch der Widerstand des Metalls gegen das Einknicken entsprechend reduziert. Trotzdem schaffen es einige begabte Leute durch gezieltes Erwärmen und behutsames, stückweises Vorgehen hier ganz passable Ergebnisse zu erzielen. Man geht dabei so vor, das Material an der Außenseite des Rohrs punktweise zu erhitzen und zu dehnen und nützt die Stützwirkung des umgebenden kalten Materials. Entsprechend kann man an der Innenseite das Rohr punktweise erhitzen und es jeweils so weit Stauchen, dass es gerade noch nicht einknickt.


5. Versuch: Rohr mit Sand füllen

Diese Methode wird häufig als Geheimtipp zum Biegen von Rohren gehandelt. Die Idee, die dahinter steckt, ist großartig. Man versucht durch eine Füllung des Rohrs mit inkompressiblem Material die Wände von innen abzustützen, um das Einknicken oder Einfallen zu verhindern. Die Voraussetzung, dass das funktioniert, ist, dass die Füllung tatsächlich inkompressibel ist. Man muss hierfür den Sand (feiner trockner Quarzsand aus dem Baumarkt, „Vogelsand“) sehr fest in das Rohr einstampfen und die Rohrenden müssen unverrückbar fest verschlossen werden, so dass der Sand nicht ausweichen kann. Dazu treibt man konische Holzstöpsel in die Rohrenden ein. Schwierig ist dabei, die Holzstöpsel so zu bemessen, dass sie fest sitzen und dabei den Sand auch gleichzeitig fest komprimieren. Zu oft werden diese Stöpsel beim Biegen einfach vom Sand herausgedrückt und das Rohr knickt kurz vor dem Erreichen der gewünschten Form ein. Die besten Ergebnisse habe ich erzielt, wenn man die Enden mit je einer Metallscheibe zu schweißt. Biegen sollte man das Rohr dann idealerweise über ein genau passendes Biegesegment (siehe Versuch 3), oder zumindest um einen runden Gegenstand mit dem gewünschten Innenradius. Durch Erhitzen des Rohrs kann der zum Biegen notwendige Kraftaufwand verringert werden.

Achtung wirklich trockenen Sand verwenden und zusätzlich ein winziges Loch bohren, so dass entstehender
Wasserdampf entweichen kann. Sonst besteht Explosionsgefahr!!!. 
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Hier ein typisches Biegeergebnis mit einem sandgefüllten Rohr. Da sich das Metall tendenziell leichter Strecken als Stauchen lässt, wird das Rohr beim Biegen im Mittel etwas länger. Dadurch vergrößert sich das Volumen des Rohrs geringfügig und der Sand lockert sich. Somit hat das Rohrmaterial doch wieder die Möglichkeit etwas einzufallen oder im schlimmsten Fall kleine Falten zu bekommen. Verbessern lässt sich das Ergebnis wieder durch gezieltes Erwärmen.


Achtung wirklich trocknen Sand verwenden und zusätzlich ein winziges Loch bohren, so dass entstehender 
Wasserdampf entweichen kann. Sonst besteht Explosionsgefahr!!!.  


Tipp: Erhitzt man bevorzugt die Innenkurve, verhindert man das Längen des Rohrs und der Gegendruck des Sands lässt nicht nach.

Eine ähnliche Idee wie die Sandfüllung ist die Verwendung von sogenannten Biegespiralen. Diese biegsamen Schraubenfeder-Schläuche werden innen in das Rohr geschoben und sollen den Rohrbogen von innen abstützen. Sie werden zum Biegen von weichen Kupferrohren im Heizungsbau verwendet. Für das Biegen von Stahlrohren für Fahrradrahmen sind diese jedoch leider nicht geeignet, da die Spiralen dem großen Druck nicht standhalten oder sich wellenförmig in das Material einprägen und sich dann nicht mehr entfernen lassen.

Eine weitere Methode besteht darin, das Rohr innen komplett mit Metall zu füllen. Musikinstrumentenbauer verwenden dieses aufwändige Verfahren. Hierzu wird geschmolzenes Blei (giftig!!!) oder Zinn, in das Rohr eingefüllt. Nach dem Biegen kann es dann wieder heraus geschmolzen werden. Ich habe dieses Verfahren selbst noch nicht ausprobiert, da ich fürchte, dass die Blei- oder Zinnreste später beim Schweißen des Fahrradrahmens giftige Dämpfe verursachen oder die Schweißnaht verderben.

Biegemaschinen

Für die perfekte Rohrbiegung benötigt man aufwändigere Gerätschaften. Industriell werden Rohre nach verschiedenen Methoden gebogen. Hier sind es in Wesentlichen drei Hauptprinzipien: Segmentbiegemaschine Rollenbiegemaschine Dornbiegemaschine


Segment Biegemaschinen

Das Prinzip wurde oben schon beschrieben. Das Rohr wird beim Biegen um ein Segment mit dem Profil des Rohrdurchmessers gebogen. Durch das passgenaue Anschmiegen des Kurveninneren soll das Einknicken verhindert werden.

Vorteile:

  • Relativ preiswerte Ausführungen erhältlich (ab 100.- € handbetrieben, ab 200.- € hydraulisch)
  • Einfaches Prinzip

Nachteile:

  • Pro Rohrdurchmesser und Biegeradius ist ein passendes Biegesegment erforderlich
  • Dünnwandige Rohre knicken bei zu engen Bögen ein. (evtl. mit Sandfüllung versuchen).

Rollenbiegemaschinen

Hier wird das Rohr zwischen drei angetriebene Rollen „durchgewalzt“. Die Rollen haben ein Profil, das sich genau an den Rohrdurchmesser anschmiegt. Der gewünschte Biegeradius ist einstellbar durch die Lage der mittleren Rolle. Die Biegung kann in einem Durchgang erfolgen, oder Stufenweise durch mehrmaliges durchwalzen bei enger werdendem Rollenabstand.

Vorteile: Beliebige Radien sind einstellbar, Auch dünnwandige Rohre können schonend gebogen werden (in Stufen, evtl. auch mit Sandfüllung), sofern die Radien nicht zu eng sind. Nachteile Meist sehr teure industrielle Maschinen, motorgetrieben Kurze, enge Bogensegmente sind praktisch nicht machbar, da immer Auslaufenden benötigt werden Rohr wird flach-oval gedrückt und es entsteht eine Stufe in der Innenkurve zum Übergang auf das gerade Stück Pro Rohrdurchmesser wird ein Rollensatz (3 Rollen) benötigt

Dornbiegemaschinen

Das Prinzip ähnelt äußerlich dem der Segment Biegemaschine jedoch mit einem wichtigen Unterschied. Im Rohrinneren befindet sich an der Stelle, wo das Rohr um das Segment gebogen wird ein pfeilähnlicher „Dorn“, der das Einknicken und die Verengung des Rohrs wirksam verhindert. Das Rohr wird über diesen feststehenden Dorn auf das Segment gezogen. Es findet praktisch keine Durchmesser Änderung statt.

Vorteile: Es können auch sehr dünnwandige Rohre perfekt gebogen werden. Auch kurze Bögen können ansatzlos hintereinander gebogen werden Nachteile Pro Rohrdurchmesser und Biegeradius ist ein Werkzeug-Satz, bestehend aus Biegesegment und Dorn erforderlich; der Dorn muss zusätzlich noch an die Wandstärke angepasst sein. Meist sehr teure industrielle Maschinen, motorgetrieben