Workshop offener & dezentraler Lastenrad-Eigenbau / Commons versus Business?

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Am 16. Februar 2015 fand in Berlin ein von der Anstiftung Ertomis ausgerichteter und Christophe Vaillant organisierter Workshop mit Lars Zimmermann von der OPENiT Agency statt zum Thema: OPEN-SOURCE-LASTENRADBAU-BUSINESS-WORKSHOP.

Auf dieser Seite sind der Verlauf des Workshops, seine Inhalte und die Ergebnisse dokumentiert. Die Ausarbeitungen wurden vorm Workshop erstellt in diesem Hackpad und dort während des Workshops ergänzt. Vordiskussionen und erste Informationssammlungen zum Workshop fand in diesem TitanPad statt.


1. VORSTELLUNG der Teilnehmer

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Teilnehmer:

Hi, bitte tragt euch ein: {Name}, {Projekt mit Link falls vorhanden}, {Mail}

  • Tom Hansing, Anstiftung Ertomis, tom.hansing@anstiftung-ertomis.de
  • Till Wolfer N55 und XYZ CARGO , till [AT] n55.dk
  • Markus Bergmann, mabe, Carla Cargo, carlacargo@gmail.com, leider nur online sporadisch verfügbar
  • Andreas Röderer, Fahradselbshilfewerkstatt WUK, andreas.roederer@chello.at
  • Oliver Voß, Berliner Lastenradnetzwerk , post@olli-voss.de
  • Wolfgang Rembow, Die Wille "Repair Cafe" ,Wolfgang.rembow@gmail.com
  • Ulrich Petschow, Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung, up@ioew.de
  • Valentin Domann, Multiplicities, domann@multiplicities.de
  • Ulrich Buchholz, SoLawi Bonn, Repair Café und Offene Werkstatt Haus Müllestumpe, Bonn im Wandel, info@bon-im-wandel.de
  • Frauke Hehl, Kunst-Stoffe Berlin e.V., mail@kunst-stoffe-berlin.de
  • tazt (fehlt leider: Hans Bös, Solar-Roller http://www.hansboes.com/solar-roller/ )
  • Andrea Vetter, http://konvivialetechnologien.blogsport.de, a.vetter@degrowth.de
  • nico, cbf berlin , 8rad
  • Matthias Röder, konglomerat.org, werkstadtladen.de, fablabdd.de - cowerk@offene-werkstaetten.org

Workshopleiter:

Lars Zimmermann; Künstler, Open Source Economist + ; LINKS: Open Source Hardware Business Models http://bloglz.de/business-models-for-open-source-hardware-open-design/ | OPENiT Agency http://openitagency.eu | Open Structures Involvement http://openstructures.net | Open Source Circular Economy Days http://osced2015.org | Lego Brick http://openitagency.eu/wp-content/uploads/2015/02/LegoBrickhalf.png PERSÖNLICHE WEBSITE & BLOG: http://larszimmermann.de | TWITTER @bricktick


2. EINFÜHRUNG: Dezentrales offenes Produzieren

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INPUT

Fablabs

Open Source &= Kollaboration

  • Fablabs entwickeln sich massiv auf Open Source Prinzipien – dem offenen Austausch von Bauplänen und Möglichkeiten. Drei Beispiele: Arduino - Physical Computing und Arduino Community - http://arduino.cc , Thingiverse – Digital Designs for Physical Objects http://thingiverse.com, GitHub – Open Source Software http://github.com +
  • Sinn von Open Source – Nicht nur sein eigenes Design öffnen, sondern die Vorteile von Open Source nutzen, auf ein lebendiges Ökosystem zurückgreifen zu können, etwas dazuzugeben, gemeinsam etwas zu entwickeln. - „It is not „Open Source Your Hardware“ it is „Building Open Source Hardware“. (Sam Muirhead http://cameralibre.cc )


-> Jedes Mal, wenn ein Fablab irgendwo Erfolg hat, bekannt wird und etwas offenes und woanders gut nutzbares schafft, gewinnen alle anderen Fablabs. -> Die Nachfrage wächst und die Leistungsfähigkeit aller.

[aus dem Pad, von Nico: „wunschagenda nico jungel: (...) ab wann nützt opensource wirklich anderen und nicht nur dem eigenen image?“]

-> „Was wäre, wenn IKEA Open Structures-Teile in großer Masse produzieren würde?“ Das Ökosystem würde wachsen, und die Möglichkeiten aller, damit zu arbeiten und auch Geld zu verdienen (insofern OS Open Source wäre), würden wachsen. Ein Markt für z.B. Reparaturen, individuelle Hacks und Sonderteile oder Add ons würde entstehen, den viele besetzen können – Long-Tail. (Offene Ökosystemperspektive)

= > Für den dezentralen Lastenradbau: Wie agieren die individuellen Standorte, um Dinge in dieses Netzwerk/dieses Ökosystem zurückzugeben, um es für alle stark zu machen und jedem einzelnen Standort seine Arbeit zu erleichtern, damit jeder einzelne Standort es nutzen kann. Welche Open-Source-„Produkte“ würden das erleichtern, wie sind Abläufe und gemeinsame Kommunikation gestaltet? Wie kann ein gemeinsames Ökosystem entstehen, welches allen Vorteile bringt? -

& NC-Lizenzen? Das Beispiel Open Desk – Distributed Manufacturing

(NC = Nicht-kommerzielle Nutzung)

  • Beispiel Open Desk – Design for Open Making. https://www.opendesk.cc/
  • Tische, die mit in den meisten Fablabs vorhandenen digitalen Werkzeugen hergestellt werden können.
  • Idee des „Schutzes“ durch eine NC-Lizenz. Ich darf den Tisch für mich selbst herstellen, aber nicht verkaufen. Aber die Plattform vermittelt mir auch lokale Hersteller – z.B. Fablabs – die es für mich herstellen. Als Kunde kaufe ich von diesem Fablab dann den Tisch. Das Fablab nimmt also eine kommerzielle Nutzung des Designs vor. Das Fablab hat einen Vertrag mit Open Desk – einen Teil der Einnahmen wird an die Designer weiterüberwiesen = Verteilte Herstellung
  • (Hinweis: NC = nicht Open Source, Achtung bei der Wortwahl, mehr dazu unten bei „LIZENZEN“)


=> Können wir uns so was generell auch für den Lastenradbau vorstellen? Dass Christophe in Berlin Tims Räder herstellt, verkauft und etwas an Tim weiterüberweist. Oder Tim auch Carla Cargos baut und an Mabe überweist? Es gibt verschiedene „Produkte“ oder „Designs“ entwickelt von verschiedenen Designern, die auch an anderen Orten hergestellt werden können? Manche Werkstätten haben das Wissen, die Werkzeuge und Fähigkeiten, um auch diese Designs oder eine Auswahl von Designs aus der Palette herzustellen, tun es und geben etwas von diesen Einnahmen ab?

  • Welche „Produkte“ ließen sich so etablieren und aufbauen? Zum Nutzen aller? (Open Source: Umso leichter Designs vor Ort reproduzierbar sind, desto besser kann man sich das vorstellen.)
  • Welche Werkzeuge brauchen wir dafür?
  • Welche Vereinbarungen treffen wir?
  • ... Welche Fragen tauchen dann auf ...

Weiterlesen und Weitergucken zur Einführung:


ERSTE FRAGEN & DISKUSSION | PROTOKOLL:

  • NC-Lizenzen für Lastenradproduktion / - distribution - übertragbar?
  • Copy/paste vs. Eigenbau / lernen - Professionalisierung der FabLabs eher Service als Wissenstransfer?
  • Nutzen & Effizienz vs. Gruppen- und Lernprozess - Widerspruch überwinden?
  • Konkurenz verschiedener Geschäftmodelle: Distribution von Rohstoffen oder integriertes Modell von Re- und Upcycling

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ABSCHLUSSDISKUSSION ZUR OFFENEN VERTEILTEN FABRIK

Das hier ist das Protkoll der Abschlussdiskussion am Ende des Workshops in der wir auf das Ausgangsbild zurückkamen:

  • Welche Infrastruktur brauchen wir? Schweißen ist schlecht, Aufwand zu hoch? Jedoch gehen die Schweißworkshops sehr gut! Menschen wollen Schweißen lernen (Fahrradwerkstätten, die Schweißen ertragen bzw. Metallwerkstätten die Fahrradfrickler mögen)
  • Standardisierungen an den verschiedenen Standorten? vs. Kooperation zwischen ganz verschiedenen Orten
  • Verhältnis von "wir machen lokal alles selber" zu verteilter Produktion - möglichst einfache vs. komplexere (auf Fachkenntnisse angewiesene) Produkte
  • Produktpalette in offener verteilter Fabrik
  • Wie können Formen solidarischen Wirtschaftens in offenen verteilten Fabriken aussehen?
  • was sind die verbindenden Elemente innerhalb des Kollaborationsverbundes? "Es gibt noch nicht diesen Teppich, der alles miteinander verwebt?" (Tom) Wie können verschiedene Werkstätten jenseits des Marktes miteinander in Beziehung kommen? Wie kann ein Maximum an Vielheit in dieser geteilten Struktur zusammen kommen? Standardisierung für Komplexität! / Lars: Der erste und wichtigste Faden in diesem Teppich könnte Open Source sein. Wenn Leute wirklich beginnen, die Modelle anderer zu bauen und weiterzuverbreiten, kommerziell motiviert, wird sich mehr Energie einstellen können?
  • welche Partner kann man hinzuziehen? Die Deutsche Bahn, /Stadtverwaltungen z.B.?
  • Personen, die Energie für den Eigenbau aufbringen sind fast nie Einzelpersonen, sondern Kollektive/Gruppen, die Ideale und Projekte haben
  • Gleichzeitig entwickeln: Standardisierung vorantreiben und lustige Vielfalt wertschätzen und ermöglichen
  • Wichtig: Anschlusstermine sind wichtig, um wirklich Fortschritte zu machen. Es war gut, sich gesehen zu haben. Face to Face is key :-)
  • Lastenräder könnten gute Beispiele für Open-Source-Ökosysteme werden, weil sie so viele Zusammenhänge erlebbar machen, sichtbar und zugänglich zeigen.
  • "Ey wo bleibt mein analytisches Schema?" Welche Produkte, Zielgruppen meint ihr überhaupt? Welche Bedürfnisse? "Ihr seid unklar in euren Begriffen."

ACTION! Mission-Statement vorbereiten für das Treffen in Köln, das verschiedene Perspektiven vereint. Wer ist dabei? Tom, ...

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WEITERER WORKSHOPVERLAUF + > Aus diesem allgemeinen Überblicksbild gehen wir jetzt in Einzelfragen, die sich konkret für die Akteure an den individuellen Standorten stellen. Bei der Besprechung dieser Fragen, versuchen wir immer wieder auch dieses große Bild von oben mit im Blick zu behalten, um zu schauen, wie können die Lösungen der individuellen Standorte und Akteure auch wieder positiv ins Ökosystem zurückwirken, um letztlich alle zu stärken. So suchen wir nach Synergien, die alle vorwärtsbringen. ->

3. LIZENZIERUNG & SCHUTZRECHTE, Rechtliche Fragen

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FRAGEN, PROBLEME

[aus dem Pad, von Mabe]

Wunschagenda Markus Bergmann:

Kommerzieller Fokus:

  • wie schütze ich das projekt/produktidee gegen eine nachträgliche patentierung durch andere firmen
  • wie und wo formuliere ich die open source hardware pinciples möglichst allumfassend für ein projekt/produkt um einen maximalen schutz gegen patentierung zu bekommen
  • auch die Creative Commens BY-SA Lizenz sagt ja das klone das urprojekt erwähnen müssen und verbesserungen teilen sollen. Wie kann ich vorgehen bei verletzungen dieser lizenzbedingungen? Wie sieht die Namensnennung für Klone genau aus?
  • das es zu klonen kommt zeigen andere open source hardware produkte (arduino z. Bsp.) Preis alleine ist zum Glück ja nicht alles. Wie überzeuge ich nachhaltig auch gegenüber Konkurrenz.

[aus dem Pad, von Nico]

wunschagenda nico jungel:

RECHTLICH ich fände es interessant, einen anwalt einzuladen, der über copyright/open source/creative commons und den damit verbundenen rechten und möglichkeiten aufklärt. ich habe das gefühl, dass open source mehr ein modewort ist, unglaublich toll klingt, aber teils unklar ist, was es überhaupt bedeutet. das normale copyright bietet z.b. auch jedem menschen die möglichkeit, privat alles nachzubauen und zu nutzen. zudem kommen die neuen bewegungen ja eher aus den weichen medien, also musik/software und ein umdenken in material/konstruktionen/bauarten wirft viele fragen auf. durch welche bemühungen und öffnungen zeichnet sich opensource also überhaupt aus und wann ist ein projekt tatsächlich opensource bzw creative commons? wo verlaufen folglich die grenzen? was sind bisher die codes/stillen übereinkünfte?


INPUT & IDEEN

> > HINWEIS: Das ist keine Rechtsberatung! (sondern was ich, nach einigem Lesen und ein paar Gesprächen für mich destillieren konnte.) < <

„All Hardware is born free.“ – „Alle Hardware wird frei geboren“

Vorbemerkung: Rechte sind Texte, die versuchen mit kleinen handlichen Paketen die zu beschreiben und zu steuern. Die Wirklichkeit besteht aber nicht aus kleinen handlichen Paketen, sondern wuchert aus, schießt quer, schwappt über, läuft permanent aus den Grenzen der kleinen Pakete heraus und bringt immer wieder Neues. Richter nehmen dann aber diese Texte und versuchen damit den Gang der Wirklichkeit zu lenken. Das ist aber nicht immer vorhersehbar oder erwartbar – wie das Verhältnis der kleinen Texte und Wirklichkeit ist und gesehen wird. Weil die Wirklichkeit und diese Texte in einem „kreativen“ bzw. beweglichen Verhältnis stehen. Und gerade der Bereich, in den wir uns mit Open-Source-Lastenradbau hineinbegeben, ist durch hohe Unschärfe in diesem ganzen Rechtsbereich geprägt. 100%ig klare Aussagen sind deshalb schwer zu kriegen. Immer wieder heißt es: Das kann man vorher nicht wissen, dass müsste erst ein Richter entscheiden – Ausgang ungewiss.

Wichtigste Lektion vorweg und überhaupt ist: 100%ige Rechtssicherheit gibt es nicht! Im besten Fall immer weniger oder gar nichts erwarten.

5 S C H U T Z - R E C H T E

1. URHEBERRECHT

+ Was? + Das Urheberrecht deckt „Werke der Kunst“ mit „körperlicher Festlegung“ ab, keine Funktionalitäten (things that do things)! Bilder, Texte, evtl. auch Objekte, Choreographien und Musik sind geschützt. Das heißt: Die Dokumentation ist (in aller Regel) geschützt. Aber auch „nichtfunktionelle Designelemente“ können eventuell unter das Urheberrecht fallen. Was genau darunter fällt und was nicht, wenn man den klaren Bereich von Musik, Text, Software, Bild und Film verlässt, ist schwammig – im Zweifelsfall entscheidet der Richter vor Gericht.

+ Wie? + Das Urheberrecht erhält man automatisch und umsonst! Man muss es nicht extra beantragen. Und es gilt mindestens bis zum Tode des Urhebers und auch darüber hinaus. Weil man es automatisch erhält, verletzen alle anderen das Urheberrecht des Urhebers, wenn sie das Werk ohne Erlaubnis nutzen. Deshalb ist es unbedingt notwendig, eine Free-Culture-Lizenz zu verwenden und deutlich sichtbar an alles anzubringen, von dem man will, dass andere es nutzen. Ohne das ist es ihnen rechtlich schlicht nicht möglich. Die beste weil erprobteste und verbreitetste Möglichkeit dafür sind die Creative Commons Lizenzen.

+ Was aber heißt das fürs Fahrrad? + Lassen sich mit Creative-Commons-Lizenzen Räder schützen/Hardware? Nun: Funktionalitäten sind nicht geschützt. Besondere Bemalungen des Rads könnten geschützt sein – darum Extra viel Klimbim anbringen, z.B. eine Flosse, um Urheberrechtsschutz zu haben? Vielleicht, ja. Damit könnte das Rad unter Umständen wegen einer besonderen Form oder Farbgebung oder durch einen Nutzungskontext vom Urheberrecht abgedeckt sein. Kann man aber i.d.R. nicht wissen vorher. Das würde ein Richter vor einem Gericht entscheiden müssen. Empfehlung daher: Nicht drauf verlassen oder darauf bauen. Trotzdem unbedingt die Creative-Commons-Lizenzen verwenden! Sie geben dem Gegenüber Sicherheit und zeigen, wie ihr wollt, dass andere eure Arbeit weiterverwenden.

+ Und die Creative Commons Non-Commercial Lizenz? + Aber was ist mit der Non-Commercial-Lizenz, die ja Open Desk verwendet? Auch andere Hardware-Projekte nutzen die doch. Soweit mir bekannt ist, ist der Grund dafür zum einen der selbe wie oben angegeben: Die Lizenz zeigt, wie Open Desk verwendet werden möchte. Und zweitens ist es wichtig, auf die bestehende Rechtsunsicherheit hinzuweisen: Die NC-Lizenz ist vor Gericht in diesem Kontext soweit mir bekannt noch nie in einem Beispielfall durchverhandelt worden. Es gibt keinen Präzedenzfall. Damit besteht ein gewisses rechtliches Risiko für einen Verletzer – eventuell gilt sie ja doch! Dieses Risiko wirkt in gewisser Weise schützend. . . . . . . . . . . . .

   KURZE DISKUSSION DER NC-Lizenz
   Die NC-Lizenz wird sehr kontrovers diskutiert und hat viele Probleme:
   Hauptargument dagegen ist, dass es sich eigentlich nicht um eine Free-Culture-Lizenz handelt, klar. 
   Auch  dürfen sich Dinge, die eine NC-Lizenz verwenden, nicht als     Open-Source-Hardware oder Open-Source-Software bezeichnen (Siehe     Open-Source-Hardware-Definition http://www.oshwa.org/definition/german/). Open Source erfordert explizit, dass kommerzielle Nutzung erlaubt ist. 
   Die     meisten der kollaborativen Freiheiten, die offene Entwicklung und     offene Kultur bieten, werden durch die NC-Lizenz abgeschaltet bzw.     blockiert (wie z.B. Verringerung der Kollaborationskosten die bei     Lizenzverhandlungen oder Zahlungen entstehen). 
   Da     die Entwicklung und Herstellung von Hardware sehr kostenintensiv ist     und deshalb i.d.R. mit finanziellen Einnahmen verknüpft werden muss,    ist  eine Weiterentwicklung von NC-lizenzierter Hardware kaum möglich    bzw.  extrem unwahrscheinlich. 
   Ein     weiteres NC-Lizenz-Problem ist, kaufe ich mir einen Tisch bei IKEA,     kann ich ihn, wenn ich ihn nicht mehr brauche, jederzeit legal     weiterverkaufen. Habe ich mir aber meinen eigenen Open Desk gebaut,    kann  ihn aber bei einem Umzug nicht mitnehmen, darf ich ihn nicht    verkaufen,  denn das wäre ja eine plötzliche kommerzielle Nutzung. Mit    einem  NC-lizenzierten Gegenstand habe ich also am Ende noch weniger    Freiheiten  als mit einem proprietären. 
   Der     letzte wichtige Punkt ist, das es extrem unklar ist, wo kommerzielle     Nutzung beginnt und wo sie aufhört. Feiere ich eine Party mit meinen     Freunden, nutze dabei einen Open Desk und bitte meine Freunde am Ende    um  ein paar Euro als Zugabe für Getränke und Essen, ließe sich das    schon  als kommerzielle Nutzung vor Gericht einklagen und vielleicht    sogar  durchsetzen... Diese rechtliche Unschärfe sorgt dafür, das mit    einer  NC-Lizenz ein rechtliches Minenfeld geschaffen wird, welches   die   Nutzung, den Bau und Weiterentwicklung solcher Hardware extrem    erschwert  bzw. mit hohen Risiken belegt. 

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2. PATENTRECHT

+ Was? + Schützt Funktionalitäten (things that do things). Muss beantragt werden („all hardware is born free“). Eine wichtige Voraussetzung für die Erteilung ist die technische Neuheit (eng: prior art). Diese wird geprüft. Deshalb ist eine Patentanmeldung langwierig und teuer. Will man sich davor schützen, dass andere die eigene Idee patentieren, muss man sie also gut sichtbar und auffindbar publizieren. Dafür lassen sich verschiedene Wege finden und diskutieren. Wichtig ist, dass die Prüfer es finden, wenn jemand es beantragt. Die Gefahr, dass jemand die Erfindung auf eurer Seite findet und dann zur Patentierung einreicht, ist deshalb aber sehr sehr gering, da das Risiko zu hoch ist – Preis und Aufwand für einen Antrag sind hoch, die Gefahr der Nichterteilung groß. Faustregel: Niemand kann etwas, dass einmal offen ist, patentieren!

+ Was heißt das für den Open-Source-Fahrradbau? + Abgesehen davon, dass die Wahrscheinlichkeit beim solidarischen Lastenradbau eine Erfindung zu machen, die patentwürdig ist, eher gering ist, ist es auch fraglich, wo der Sinn läge, ein Patent zu beantragen, wenn man die Erfindung offen haben möchte. Prior Art (Technische Neuheit) ist euer bester Freund. Darum publiziert publiziert publiziert – „All hardware is born free“ – einmal offen publiziert, bleibt sie es auch.

( ! ) In den USA gibt es/gab es Experimente, eine Free-Culture-Lizenz auf das Patentrecht aufzubauen. Aber dafür braucht man vorher ein Patent, bevor man überhaupt darüber nachdenken kann... Darum lassen wir das hier mal undiskutiert.


3. GEBRAUCHSMUSTERSCHUTZ

+ Was? + Sind nicht überall auf der Welt zu finden. „Der kleine Bruder des Patents“. Muss beantragt werden. Schützt „gewerblich anwendbare Erfindungen, die neu sind und auf einem erfinderischen Schritt beruhen.“ Alles, was man mit Phantasie darunter sehen kann, lässt sich also so schützen. Die Prüfer prüfen, ob der Antrag formal richtig ist, nicht aber, ob die Neuheit wirklich gegeben ist! Die Kosten für einen Antrag sind deshalb gering, man kann es also schnell prüfen lassen – die formale Richtigkeit. Der Gebrauchmusterschutz gilt maximal 10 Jahre (3 Jahre plus Verlängerung) und wird schnell erteilt. Es erfolgt wie erwähnt keine Prüfung der Neuheit. Die Rechtsbeständigkeit ist deshalb gering. Unterschiede für uns zum Patent: geringere Rechtssicherheit und geringere Geltungsdauer.

http://dpma.de/gebrauchsmuster/gebrauchsmusterschutz/index.html

+ Fürs Fahrrad? + Hat man etwas, dass dort hereinpassen könnte, kann man den Antrag stellen. Es ist aber fraglich, ob wir im solidarischen Lastenradbau wirklich etwas erfinden können, dass der Neuheitsprüfung im Streitfall vor einem Gericht dann standhält.

( ! ) Soweit mir bekannt ist, gibt es keine Free-Culture-Lizenz, die auf den Gebrauchsmusterschutz aufsetzt. Deshalb wäre es schwierig, anderen ohne jeweilige individuelle Rücksprache Nutzung zu erlauben.

+ Könnte     man nicht ein Gebrauchsmuster beantragen, eine NC-Lizenz verwenden   und   mit dem Gebrauchsmuster Verletzern der NC-Lizenz drohen, seine     rechtliche Ausgangslage etwas verbessern? + 

Ja, könnte man versuchen. Bzw. mal genau durchdenken.


4. GESCHMACKSMUSTERSCHUTZ (Eingetragenes Design)

+ Was? + „Ist ein gewerbliches Schutzrecht, das seinem Inhaber die ausschließliche Befugnis zur Benutzung einer ästhetischen Erscheinungsform (Gestalt, Farbe, Form) verleiht.“ Da wo das Urheberrecht also unscharf wird – was ist noch geschützt oder nicht – kann das Geschmacksmuster Klarheit bringen bzw. Fakten schaffen. Voraussetzung ist die Neuheit – kein ähnliches Design darf vorhanden sein im Markt. Neuheit wird aber ebenfalls nicht geprüft, weshalb die Rechtssicherheit auch geringer ist. Geltung für max. 25 Jahre. Kosten für die Beantragung überschaubar.

+ Fürs Fahrrad? + Hat man ein ganz besonderes Design, kann man es also versuchen. Tills XYZ Räder hätten vielleicht eine Chance gehabt, obwohl sie ihre besondere Ästhetik dadurch erhalten, dass die Funktionalität frei liegt - dass sie blanke Funktionalität sind (also etwas, dass eigentlich durch Patent und Gebrauchsmuster abgedeckt ist) ... Wie würde ein Richter das interpretieren?

( ! ) Ich kenne keine Free-Culture-Lizenz die auf das Geschmacksmuster aufbaut. Deshalb wäre es schwierig, anderen ohne jeweilige individuelle Rücksprache Nutzung zu erlauben.


5. MARKENSCHUTZ

+ Was? + Marken können Wort-, Bild-, Klang- und Farbmarken sein und es gibt sogar 3-dimensionale Marken. Sie müssen extra beantragt werden. Die Kosten sind überschaubar bis hoch (je nach gewünschtem Schutzumfang). Die Marke kann immer wieder verlängert werden und kann deshalb theoretisch unendlich weiterlaufen.

+ Für den solidarischen Open-Source-Lastenradbau? + Die Open-Source-Hardware-Definition sieht eindeutig den Schutz von Marken vor bzw. unterstützt oder man könnte sogar fast sagen empfiehlt ihn. Wenn jeder die Hardware herstellen kann, ist es gerade wichtig, wer das macht, mit welchen Fähigkeiten, Maschinen, Materialien, mit welcher Sorgfalt und vielleicht auch welchem Ethos... Jeder kann die Baupläne der TV-B-Gone runterladen, das Gerät herstellen und verkaufen. Aber nicht unter dem Namen „TV-B-Gone“, denn der ist von Mitch Altman (Cornfield Electronics) geschützt worden. http://de.wikipedia.org/wiki/TV-B-Gone

D.h. – wäre „Carla Cargo“ als Marke registriert, könnte jeder mit den Plänen eigene Anhänger herstellen und sie weiterentwickeln, aber sie nicht als „Carla Cargo“ bezeichnen bzw. so in den Markt bringen, auch keine Workshops anbieten, in denen „Carla Cargos“ gebaut werden. Denkt man das weiter, kann man auch versuchen, besondere Farbmarken zu wählen (das Telekom-Pink ist z.B. geschützt, lässt sich eine feuerrote Gabel denken?) oder sogar dreidimensionale Marken zu entwickeln (vielleicht hat eine Carla Cargo immer eine coole Haifischflosse usw.) und sich das schützen lassen. Modeschnittmuster sind per se nicht schützbar. Deshalb drucken die großen Marken ihre Logos auf die Sachen, denn die sind geschützt. Und am Ende geht es nicht um die schöne Unterhose, sondern um den Schriftzug darauf... Also einfach Marken auf nicht-schützbares kleben?

(Kann ich die XYZ-Verbindung als dreidimensionale Marke sichern? Nein, weil es sich um eine Funktionalität handelt. Lego hat viele Jahre dafür gekämpft, ihr Steckfunktionssystem nach Ablauf des Patentschutzes weiter als dreidimensionale Marke zu schützen, letztlich sind sie aber gescheitert. Lego ist jetzt frei. Wir sehen auch immer mehr Klone im Markt. Aber XYZ-Spaceframe als Wortmarke? Ziemlich sicher ja.)

+ Was könnte das für unsere dezentrale Fabrik bedeuten? + Man könnte sich „Carla Cargos“ und andere „Marken“ als ein Franchise vorstellen. Auch in Berlin kann man sich einen „Carla Cargo“ bauen. Das Netzwerk baut zusammen seine Marken auf, macht sie überall bekannt. Aber wenn man in Berlin oder Wien z.B. einen „Carla Cargo“ baut oder verkauft, zahlt man etwas an den Erfinder... Das kann für die kommerzielle Leistungsfähigkeit und Stärke des ganzen Netzwerkes sehr gut sein. – „gemeinsame Marken“ aufbauen und so die Nachfrage stärken (Ich glaub z.B. an ein großes Potential von XYZ).

Mit so einer Übereinkunft ist es wünschenswert für alle, dass auch woanders XYZ Workshops durchgeführt werden. Für alle Akteure.

(Abgesehen davon: Der Aufbau von Marken ist für eine Geschäftsentwicklung ohnehin so gut wie immer richtig.)

& Es ist eine Überlegung wert, dass man in so einem Netzwerk/mit so einer Lösung auf die schlechte NC-Lösung verzichten kann/könnte!


FAZIT

+ Also was machen wir nun? + Mein allgemeiner Tipp: Alle Rechte oben außer das Urheberrecht müssen extra beantragt werden. Will man etwas „open“ lassen, beantragt man also einfach nichts! Das Urheberrecht wird eine ungefragt angeklemmt und deshalb muss man es gestalten. Wichtig ist zu verstehen, dass vom Urheberrecht kein verlässlicher oder umfassender Schutz für Hardware erwartet werden kann im Moment nicht und wahrscheinlich (und auch hoffentlich!) niemals. Mit einem Markenschutz hingegen – der eindeutig sinnvoll und wünschenswert ist für Open-Source-Hardware-Ökosysteme – kann man seine individuelle Position auf einem Markt stärken und sogar zu interessanten und relativ rechtsfesten (Marken-Lizenzierung) Verabredungen in überregionalen Netzwerken kommen. Bzw. man kann das versuchen.


^ Ok. Bitte hochscrollen zu den Fragen. Lassen sich jetzt alle Fragen beantworten? Welche nicht?

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DISKUSSION IM WORKSHOP | PROTOKOLL:

  • Ab wann beginnt "kommerziell" für offene Werkstätten?
  • Bemessung Entwicklungskosten
  • Lizenz- und Produktschutz für individuelle Bauten und Upcycling (Verteilung von Aufgaben nach Profession, Plakette), Haftungsfragen etc.
  • Problem: Haftungsfragen, Garantieleistung und Versicherungsschutz? Lösbar durch Marke - die Marke geht auch mit einer Garantieleistung einher - gibt es irgendwo eine FAQ zu diesen Fragen im Lastenradwiki? Auf der Seite der Anstiftung Ertomis?




Entwurf Workshopstruktur

WORKSHOPABLAUF:

(1) Begrüßung, Vorstellung der Teilnehmer (30min)

(2)
Rahmenkonzept:
Vorstellung des allgemeinen Rahmenkonzeptes/Denkkonzeptes: Eine offene, dezentrale Lastenradbauplattform/Fabrik. Wie können verschiedene Standorte synergetisch und sich wechselseitig befördernd zusammenarbeiten? Beispielidee: Open Desk und Lokale Fablabs. (30 min)

(3)
Einzelfragen und Einzelstandorte:
Mit diesem Bild im Hinterkopf gehen wir in die Einzelstandorte – bzw. an einen fiktiven Einzelstandort – und diskutieren einzelne Fragen, Möglichkeiten und Konsequenzen durch. Was würde das bedeuten? Was machen die Akteure lokal vor Ort? Und wie passt das in das Zusammenspiel aller anderen Orte/der gemeinsamen Mission (Plattform). Jede der Einzelfragen diskutieren wir in der großen Gruppe aller Teilnehmer jeweils ungefähr eine Stunde. Es wird zu jeder Frage geben: A.) Fragen und Probleme aus dem Publikum. B.) Input vom Workshopleiter. C.) Ein gemeinsames Brainstorming/gemeinsames Erarbeiten von Ideen & Lösungen. Der Umfang der jeweiligen Teile A, B oder C innerhalb der Einzelteile hängt vom Gegenstand ab. Die Dinge, die wir nacheinander so diskutieren werden, sind (Reihenfolge noch offen):

  • Lizenzen, Rechtliche Fragen (60min)
  • Einnahmequellen (60min)
  • Dokumentation, Wissensvermittlung: Wie kommunizieren und innovieren wir gemeinsam und vor Ort? (60min)
  • Außenkommunikation. Eine gemeinsame Marke? Eine gemeinsame Vision? (60min)
  • Arbeitsabläufe und Motivation. Wie beziehen wir eine offene Community in die Arbeit ein? (60min)

Bei der Diskussion jeder dieser Einzelteile werden wir immer zurückgeworfen werden auf das Ausgangsbild der dezentralen und offenen Commons-Fabrik, die gemeinsam gebildet wird. Wir versuchen individuelle Einzelstrategien für individuelle Orte sichtbar zu machen, die aber auf ein Synergie produzierendes Zusammenspiel aller Standorte abzielen. Wenn das Netzwerk insgesamt stärker wird, wird es für alle leichter, ihre Arbeit vor Ort zu machen und Einnahmen zu erzielen. Dieses Bild wollen wir klarer bekommen und daraus individuelle Handlungsstrategien ableiten.


Piratepad für erarbeitete Inhalte während des Workshops

https://hackpad.com/Offener-Lastenradbau-Business-Workshop-55z1Qn8IkzW


Teilnehmende Projekte

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weiterführende Links

Link zu Infos:
http://www.anstiftung.de/die-stiftung/uebersicht-termine/event/28911-berlin-workshop-offener-dezentraler-lastenrad-eigenbau-commons-vs-business